Die Chronik - Ein Rückblick auf die Veranstaltungen

750 Jahre (2012) Vietz - Witnica!

In chronologischer Reihenfolge gibt es dazu Text und Fotos.

Hier nun einige Beiträge zur Chronik:

 

Im Rahmen der Vortragsreihe kamen sehr interessante Themen zur Sprache, die in der "Gelben Villa" in Witnica stattfand. Einige ausgewählten Themen sind hier in Kurzform zu lesen, ohne im entferntesten die hervorragende Vortragsatmosphäre widerspiegeln zu können.

 

 

Festwochenende - Juni 2012

Stellvertretend für alle Beteiligten sollen hier die "Letschiner Kanoniere" zu Wort kommen. Nach der Verbrüderung (oder sollte man besser Verschwesterung sagen?) mit den "Marketenderinnen" aus Groß Kammin/Kamień Wielki verfassten sie Dankesworte, die jeder bestätigen kann, der das Festwochenende und die Organisation seitens der Bürger aus Witnica erlebt hat.

Ein Klick auf das Bild zeigt in voller Pracht die glücklichen Gesichter der Beteiligten.

Hier findet man die Dankesworte der Letschiner.

 

Fotos vom Fest sind unter "Festwoche" zu finden.

 

Die Entwicklung von Vietz zur Stadt

Auch der zweite Vortrag von U. Schroeter - der vierte in der Reihe über die Vietzer Geschichte im Rahmen des 750-Jahre-Stadtjubiläums - war mit gut 100 Zuhörern in der "Gelben Villa" gut besucht.

9. März 2012

 

Thema war die Darstellung des langen Weges von Vietz vom klösterlichen, dann königlichen Dorf über den Marktflecken zur Stadt im Jahre 1935, verbunden mit mancher Kuriosität. Vietz war über lange Zeit das einwohnerreichste Dorf in Ostbrandenburg, der größte der vier neumärkischen Marktflecken.

Ja, es übertraf 10 der insgesamt 15 Städte in der eigentlichen Neumark - alle wie Vietz mittelalterliche Gründungen - an Einwohnerzahl. Und das, obwohl es durch Industrialisierung (Rüstung, Ofenkachel, Ziegel, Möbel, Nahrungsmittel) dank günstiger Standortfaktoren ein großer Ort geworden war. Städtische Charakteristika wurden immer mehr: im Schulwesen, in den drei Konfessionen, in der Energieversorgung, im Vereinsleben. Brandenburgische Innen- und Kommunalverwaltungspolitik aber blieben starke retardierende Kräfte, die Dorfdeputierten waren wenig aktiv. Der Bürgermeister (fast 400 Jahre lang aus einer Familie stammend) blieb über Jahrhunderte ein verlängerter Arm der Obrigkeit. Das Fehlen eines städtebaulichen Mittelpunktes, wie für Städte üblich, hat noch heute Wirkung. Als Vietz dann 1935 Stadt wurde, da gab es in der ersten deutschen Diktatur schon keine kommunale Selbstverwaltung mehr. Erst mit der "Wende" 1990 kam sie dann.

 

 

Die Fischerdörfer des Warthebruchs

Zusammenfassung einer Vorlesung im Rahmen der Reihe zur Geschichte der Gemeinde Witnica anlässlich des 750. Jahrestages der ersten urkundlichen Erwähnung von Witnica/Vietz.

Witnica, 13. Januar 2012.       Zbigniew Czarnuch


Die Vorlesung widmet sich den wirtschaftlichen, sozialen sowie in gewissem Maße ebenso kulturellen Besonderheiten der Dörfer des Warthebruchs, die einst die Ufer der Warthe umgaben und zwischen der Netzemündung bei Santok und der Warthemündung in die Oder bei Kostrzyn/Oder gelegenen waren. Zu ihnen zählten unter anderem: Warniki (Warnick), Dąbroszyn (Tamsel), Witnica (Vietz), Pyrzany (Pyrehne), Jenin (Gennin), Wieprzyce (Wepritz), Czechów (Zechow), Santok (Zantoch), Borek (Borkow), Ulim (Eulam), Kołczyn (Költschen), Krzeszyce (Kriescht), Słońsk (Sonnenburg), Przyborów (Priebrow), Lemierzyce (Limmritz) und Górzyca (Göritz). Die Besonderheit dieser Dörfer beruhte darauf, dass die Mehrheit ihrer Bewohner vollkommen anders lebte als jene Bewohner der in der ferneren Umgebung gelegenen Ortschaften. Diese Umgebung wiederum war geprägt von Dörfern, die auf dem Landrücken einer weiter gefassten Neumark, die ebenso das Sternberger Land umfasst, gelegen sind. Der Genauigkeit halber sei dem hinzugefügt, dass es ähnliche „Inseln“, in denen sich die Lebensbedingungen der ihren Unterhalt aus der Fischerei bestreitenden Bewohner maßgeblich von der Umgebung unterschieden, ebenso in anderen Fluss- und Sumpfgebieten des feudalen Brandenburgs gab. In der Neumark bildete das Warthebruch ihr Hauptsiedlungsgebiet. Ähnliche Bedingungen traten – jedoch auf einem kleineren Gebiet – im Bereich des Netzebruchs sowie im neumärkischen Teil des Oderbruchs auf.

Folgende Faktoren beeinflussten die o.g. Besonderheiten der Fischerdörfer:

Erstens: ihre Lage. Fast alle waren am Rand der Böschung des Thorn-Eberswalder Urstromtals mit den Überschwemmungsgebieten der Warthe gelegen.

Zweitens: die überwiegende Mehrheit ihrer Bewohner bestellte nicht die Flure mit den ausgewiesenen Feldern, sondern bewirtschaftete sog. Wasserhufen, zu denen einzelne Überschwemmungsgebiete mit den Wartheläufen, Altarmen, Seen sowie Feuchtwiesen und Sümpfe zählten; den Unterhalt der Familie bestritt man mit Fischerei sowie Rinder- und Waldbienenzucht.

Drittens: im Rahmen der üblichen feudalen Verpflichtungen mussten sie ihren Fang an zuvor bestimmte Plätze auf Wochen- und anderen Märkten anbieten, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Landesherren leisteten sie unter anderem mit einer Abgabe von Fischen sowie der Entrichtung von Fanggebühren ab.

Viertens: ihr sozialer Status war der eines Kossäten, d.h. sie folgten in der Hierarchie den Bauern, hatten jedoch einen höheren Status als sog. Häusler, Bündner bzw. Sandleute sowie sog. Einliegern, die zur Miete in Wohnungen oder einzelnen Kammern wohnten.

Fünftens: im 18. Jahrhundert fiel ein Großteil der Bewohner einem Programm zur Besiedlung der einstigen Fanggebiete und landwirtschaftlichen Nutzflächen mit in anderen Landesteilen oder Ländern angeworbenen Kolonisten zum Opfer. Zunächst im Ergebnis der sog. Holländersiedlung, ein halbes Jahrhundert später dann, zu Zeiten Friedrich II., der Besiedlung trockengelegter Flächen mit Kolonisten, was sie zu einer Änderung ihrer Erwerbsformen zwang und den Ausgangspunkt für Massenproteste bildete.

Sechstens: ihren Niedergang erlebten die Fischerdörfer, als sich in ihnen eine Bewirtschaftungsform der Nutzflächen herausbildete, die insbesondere auf Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung beruhte. Dies erfolgte im Ergebnis der Aufhebung jeglicher feudaler sozialwirtschaftlicher Beziehungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der Einführung frühkapitalistischer Wirtschafts- und Verwaltungsstrukturen im Zuge der von Stein und Hardenberg sowie ihren Nachfolgern in Preußen initiierten Reformen. Sie hatten es den Fischern ermöglicht, ihre persönliche Freiheit zu erlangen, sich von den feudalen Abgaben und Diensten freizukaufen sowie bislang als Sumpf- und Wasserflächen genutzte Grundstücke zu erwerben. Der einstigen Besonderheit dieser Fischerdörfer bereiteten dann einschneidende Umwälzungen der Fischereiwirtschaft ein Ende: einerseits legte man große Zuchtteiche an, und andererseits wurden nun auch Meeresfische, erleichtert mit dem Ausbau des Schienentransports, in die hiesige Gegend geliefert. Gleichzeitig stieg der Fleischkonsum. Im 20. Jahrhundert hatten sich dann lediglich einzelne Überreste in Form einiger weniger, sich auf den Fischfang spezialisierender Höfe erhalten.

Neben den Bewohnern der Fischerdörfer selbst lebten in den hier besprochenen Gebieten ebenso die Einwohner sog. Kietze vom Fischfang. Hierbei handelte es sich um in Städten, am Fuße von Burgen oder in der Nähe von Schlössern gelegene Fischersiedlungen. Im Warthebruch gab es solche Kietze in Küstrin, Landsberg, Sonnenburg und Zantoch. Außer der Pflicht, die Städte bzw. Burgen oder Schlössern mit Fischen zu versorgen, oblag es den Kietzbewohnern, die Brücken und hydrotechnischen Anlagen vor den Folgen von Hochwasserereignissen zu schützen sowie Transportdienstleitungen auf den umliegenden Gewässern abzuleisten. Ihr Rechtsstatus unterschied sich von dem der Stadtbewohner, ebenso unterhielten sie eine eigene Verwaltung. Ihr sozialer Status lag unterhalb desjenigen der anderen Bewohner der Stadt. Es wird angenommen, dass sie sich vor allem aus den slawischen Einheimischen rekrutierten, die aufgrund des Zuzugs von Deutschen in die Städte und Burgen bereits im Zuge der mittelalterlichen Ostsiedlung aus ihnen verdrängt wurden. Dass die Kietze allmählich verschwanden war von ähnlichen Gründen wie der Niedergang der Fischerdörfer selbst bedingt.

Mit „Kietz“, heute „Kiez“, bezeichneten die Brandenburger ebenso Teile von Dörfern. Im Falle von Vietz nannte man so den südlichen Rand des ältesten Stadtteils, in der Nähe der Brücke über den Vietzer Fließ/ Witna entlang der Straße zum Bahnhof, und in Pyrehne den einstigen ursprünglichen Standort des Dorfes, bevor es nach einem Brand im 18. Jahrhunderts an neuer Stelle wiederaufgebaut wurde. In (norddeutschen) Städten bezeichnet man bis heute so den Kreuzungsbereich der wichtigsten Straßen eines Viertels bzw. Quartiers, der ein lokales Handels- und Dienstleistungszentrum mit einer Gaststätte oder Kneipe bildet, in dem sich die Kiezbewohner „bei sich zu Hause“ fühlen.

In Vietz setzte die kraft einer Novelle des Wassergesetzes im Jahre 1927 eingeleitete Aufhebung der Bestimmungen eines Ende des 18. Jahrhunderts zwischen den Vietzern und der Küstriner Domänenkammer nach der Fertigstellung der Warthedeiche geschlossenen Vertrages dem ursprünglichen Charakter des Fischerdorfes (Stadtrechte erwarb es 1935) nun ein allmähliches Ende. Zuvor hatte man den hiesigen Fischern gestattet, entlang des Wartheabschnitts zwischen den Pyrehner Feldern bis nach Schwarzsee, heute Niwki, Fischfang zu betreiben. Diesen Abschnitt hatte man damals zwischen 31 Fischern (sowie dem Pfarrer) aufgeteilt. Hierfür entrichteten sie eine Steuer, die „Kahnenhecht“ genannt wurde. Als die Gesetzesnovelle und damit Vertragsänderungen in Kraft traten, gab es in Vietz noch 20 Berufsfischer. Zum damaligen Zeitpunkt lebten in Vietz über 4.000 Einwohner, Hauptanteil an der Wirtschaftskraft hatten Industrie und Handel und die Nachfrage nach Fischen aus der Warthe hielt unverändert an. Tłum .Grzegorz Załoga

 

Einweihung des Rettungszentrums in Witnica

Als Eröffnungsveranstaltung der Feierlichkeiten wurde am 21. Oktober 2011 das neu erbaute Rettungszentrum in Witnica eingeweiht.

 

Vietz/Witnica war der Motor für einen großen konkreten Fortschritt in der Zusammenarbeit über die Oder hinweg: Regionales Rettungszentrum am 21. Oktober eingeweiht und in Betrieb genommen.

 

Im neu erbauten Rettungszentrum sind polnische und deutsche Einsatzkräfte von Feuerwehr, Schutzpolizei und medizinischer Notrettung beiderseits der Grenze zusammengefaßt - einzigartig bisher. Das Projekt ist zu großen Teilen vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung EFRE finanziert worden - also lebendiges Europa.

200 geladene Gäste wohnten der feierlichen Einweihung bei. Formationen der Feuerwehren Vietz und Müncheberg waren mit 120 Feuerwehrmännern angetreten, dazu ein polnisches Polizeikontingent. Sie glänzten durch Präzision und Disziplin im Auftreten. Der amtierende Woiwode schritt die Front ab - zum preußischen Präsentiermarsch, gespielt vom eher leger auftretenden Brandenburgischen Polizeiorchester. Drei Flaggen wurden gehisst: die polnische, die deutsche, die der EU, jeweils begleitet von den National- bzw. der Europahymne. Kurz gehaltene Reden folgten, u. a. vom Bürgermeister, vom Woiwoden, vom brandenburgischen Polizeipräsidenten, von der Leiterin des Freiwilligen Feuerwehrwesens der Woiwodschaft.

 

Die polnische Feuerwehr und Polizei wurden unter ihren Fahnen vereidigt, verdiente Vietzer Feuerwehrmänner ausgezeichnet, der Schlüssel übergeben und schließlich spendeten in schöner katholischer Sitte der Vietzer Pfarrer und der Feuerwehrkaplan der Woiwodschaft dem Rettungszentrum und den in ihm wirkenden Menschen den Segen.

Im großen Mehrzwecksaal stellte der Bürgermeister Andrzej Zabłocki seine Stadt mit Lichtbildern vor, und man konnte die gesamte Einrichtung besichtigen. Ein Empfang, untermalt von einem Trio einer Landsberger Musikschule mit ansprechender Kaffeehausmusik, beschloss das Ereignis.

 

Die ganze Veranstaltung war stilvoll, präzise organisiert, feierlich - eben gut polnisch. Sie leitete die Feiern zum 750jährigen Stadtjubiläum im nächsten Jahr ein. Eine ganz besondere Aufmerksamkeit ist noch anzufügen: Alle Reden und Vorträge wurden konsekutiv ins Deutsche übersetzt.

 

 

Text: U. Schroeter

Die Fotos wurden freundlicherweise von der Stadtverwaltung Witnica (Herr Lopatka) zur Verfügung gestellt. 

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Kein Problem! Das Foto ist schon etwas älter. Alles hat sich verändert - lassen Sie scih überraschen und klicken Sie auf das Bild!